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JA Wiesbaden feiert extrem rechten Straftäter

JA Wiesbaden feiert extrem rechten Straftäter

Tommy Robinson ist die neue „Freiheitsikone“ der europäischen extremen Rechten. Ob auf der AfD-Demonstration in Berlin, bei Pegida-Aufmärschen in Dresden oder in den sozialen Medien wie etwa auf der Facebook-Seite der Jungen Alternativen Wiesbaden: Die Forderung #FreeTommy ist allgegenwärtig.

Der angebliche „Journalist“ soll eine 13-monatige Haftstrafe antreten, weil er „ein unbequemer politischer Gegner” sei und kritisch über einen Kindesmissbrauch berichtet habe, an dem muslimischen Einwanderer beteiligt gewesen sein sollen. Für AfD, Identitäre Bewegung und andere rechtsextreme Gruppen ist das Beweis genug für eine angeblich politische Willkürjustiz und linken „Meinungstotalitarismus“. Das ist der Fall Robinson natürlich nicht, aber er zeigt einmal mehr, wie die AfD Lügen verbreitet und sich zu Eigen macht sowie welch merkwürdiges Rechtsverständnis sie hat.

Wer ist Tommy Robinson eigentlich?

Tommy Robinson ist ein britischer Hooligan, der eigentlich Stephen Yaxley-Lennon heißt. Er ist Mitbegründer und ehemaliger Leiter der seit 2009 aktiven English Defence League (EDL), deren Mitglieder größtenteils aus der Hooliganszene stammen (und als Vorbild für die Hooligans gegen Salafismus (Hogesa) dienten).

Die EDL gilt als sehr gewaltbereit und gibt vor, zwar antiislamisch, aber nicht rassistisch zu sein. Zahlreiche Beobachter sehen das anders und attestieren der EDL Rechtsextremismus und eine radikale Islamfeindschaft. So gab es in der Vergangenheit immer Kontakte und auch personelle Überschneidungen zu rechtsextremen Parteien und Organisationen wie etwa der British National Party (BNP) oder der UKIP.

Auch Robinson soll Mitglied der BNP gewesen sein. Im Jahr 2010 wurden sechs Mitglieder der EDL verhaftet, da sie unter Verdacht standen, einen Sprengstoffanschlag auf eine Moschee in Bournemouth vorzubereiten. Der norwegische Terrorist Andres Breivik gab an, vor seinem Anschlag zahlreiche Kontakte zur EDL gehabt zu haben, was Robinson zwar bestritt. Gleichzeitig lobte er aber dessen Ideologie. Robinson selbst saß mehrfach in Haft, unter anderem wegen Betrugs und Angriff auf einen Polizisten.

2013 verließ Robinson die EDL, knüpfte Kontakte zu Pegida und trat in Dresden auch als Redner auf. Gleichzeitig versuchte er einen britischen Pegida-Ableger zu etablieren – allerdings ohne Erfolg. Seit 2017 ist er für die rechtsextreme Website The Rebel Media tätig, die vorgibt ein Nachrichtenportal zu sein, aber meist nur Lügen und Hetze verbreitet.

Was hat Tommy Robinson gemacht?
Tommy Robinson wurde am 25. Mai vor dem Canterbury Crown Court, einem Gericht in Leeds, verhaftet. Dort wurde ein Fall von Kindesmissbrauch verhandelt, an dem muslimische Einwanderer beteiligt seien sollen. Er filmte und streamte bei Facebook die Angeklagten beim Betreten des Gerichts. Das ist verboten.

In Großbritannien finden Verhandlungen zu Raub-, Mord- und Sexualdelikten vor einem Geschworenengericht statt. Um eine Beeinflussung der Geschworenen durch Medienberichte oder gar Vorverurteilungen zu vermeiden, ist es nicht nur verboten, aus dem Gerichtssaal Ton-, Film- oder Bildaufnahmen zu machen, sondern auch Details wie Namen oder Fotos und Filmaufnahmen der Angeklagten (und auch der beteiligten Anwälte und Ankläger) zu veröffentlichen. Indem Robinson die Angeklagten beim Betreten des Gerichts filmte, dies kommentierte und veröffentlichte, machte er sich strafbar. Das Video hätte den ordnungsgemäßen Fortgang des Prozesses in Frage stellen und sogar die komplette Verhandlung platzen lassen können.

Und: Robinson war schon Anfang 2017 zu einer dreimonatigen Gefängnisstrafe verurteilt worden, die für 18 Monate auf Bewährung ausgesetzt wurde. Damals hatte er während einer Verhandlung gefilmt, was in Großbritannien wie in vielen anderen Ländern, darunter auch Deutschland, verboten ist. Der zuständige Richter warnte ihn damals, dass er eine Gefängnisstrafe bekommen könne, wenn er nochmals unzulässige Details eines Gerichtsverfahrens publizieren würde. Ihm war also klar, auf welches Risiko er sich einließ, als er die Angeklagten beim Betreten des Gerichts filmte.

In einem Schnellverfahren wurde er vier Tage nach seiner Verhaftung anschließend zu 13 Monaten Gefängnis verurteilt. Bis zum Tag der Verurteilung wurde zudem eine Nachrichtensperre über das Verfahren gegen Robinson verhängt, damit keine anderen Prozesse beeinträchtigt werden. Mittlerweile wird in britischen Medien ganz normal über den Fall berichtet.

Die Verurteilung hat also keineswegs etwas damit zu tun, dass ein kritischer Geist mundtot gemacht werden sollte. Es ging darum, dass ein mehrfach verurteilter Straftäter die Konsequenzen aus seinen Gesetzesbrüchen zu tragen hat.

Und was macht die AfD daraus?
Wie so oft interessiert sich die AfD nicht für Fakten. AfD-Vertreter stilisieren Robinson als Freiheitskämpfer, der wegen seiner angeblich “unbequemen” Meinung inhaftiert wurde und lassen die wahren Gründe für seine Verhaftung außer Acht. So schreibt zum Beispiel der Bundestagsabgeordnete und Vorsitzende der Jungen Alternative Hessen, der Jugendorganisation der AfD, Jan Nolte auf seiner Facebookseite, dass Robinson lediglich Fragen gestellt habe und er nur wegen seiner Islamkritik verhaftet worden sei. Das ist nachweislich eine Lüge.

Übrigens handelt es sich beim hessischen Vorsitzenden der Jungen Alternativen, um jenen Jan Nolte, der einen mutmaßlichen Komplizen des Terrorverdächtigen Franco A. als persönlichen Referent beschäftigt, obwohl die Bundesanwaltschaft gegen den mutmaßlichen Komplizen Maximilian T. ermittelt. Der mit dieser Beschäftigung einhergehende Zutritt des Maximilian T. zum Bundestag wurde nur durch die Bundestagspolizei vereitelt, die Maximilian T. einen Hausausweis für den Bundestag verweigerte.
Auch der Bundesvorsitzende der Jungen Alternative, Damian Lohr, bläst ins gleiche Lügenhorn. Der Parteinachwuchs der Wiesbadener AfD teilt die Lügen der beiden JA-Führungskader und macht sich damit deren Aussagen zu Eigen.

Hier offenbart sich anhand der Free-Tommy-Kampagne auch das Rechtsverständnis der Möchtegern-Law-and-Order-Partei AfD und ihrer Mitglieder: Recht und Gesetz sind ihnen egal, solange sie ihre menschenfeindliche Propaganda verbreiten können. Mehr noch: Sie feiern den Verbrecher sogar noch für seine Taten.

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