29.3.2019 – Bei der gestrigen Veranstaltung mit der AfD-Aussteigerin Franziska Schreiber im Kulturzentrum Schlachthof in Wiesbaden versuchte der AfD-Politiker Robert Lambrou, sich mit einem Filmteam des staatlichen Russischen Senders Russia 24 Zugang zu verschaffen.
Zu dem Vorfall nehmen die Veranstalter, die Initiative „Moment mal!“, die Martin-Niemöller-Stiftung und das Kulturzentrum wie folgt Stellung:
Pressemitteilung
Hessischer AfD-Fraktionsvorsitzender Lambrou versucht mithilfe eines Filmteams des russischen Staatsfernsehens Russia24 Veranstalter und BesucherInnen einer zivilgesellschaftlichen Veranstaltung im Wiesbadener Schlachthof einzuschüchtern
Bei der gestrigen Veranstaltung der Initiative „Moment Mal! Aktion für eine offene Gesellschaft“ im Kulturzentrum Schlachthof Wiesbaden mit der bekannten AfD-Aussteigerin Franziska Schreiber, versuchte der hessische AfD-Fraktionsvorsitzender Lambrou begleitet von einem vierköpfigen Filmteam des russischen Staatsfernsehens Russia24 Einlass zu erhalten. Hendrik Seipel-Rotter, Kulturzentrum Schlachthof Wiesbaden dazu: „Eine Drehgenehmigung wurde im Vorfeld von mir bereits schriftlich abgelehnt. Am Einlass wurde dem Fernsehteam der Zugang durch unser Personal dann konsequenter Weise verwehrt.
Während der weiteren Diskussion wurden aus der Gruppe des russischen Senders durchgehend mit Kameras und Handys die ein- und ausgehenden Personen gefilmt, obwohl Vertreter des Schlachthofs wie der Veranstalter wiederholt und unmissverständlich dazu aufforderten, jedes weitere Filmen zu unterlassen. Auch die mehrfache Ansprache durch die Veranstalter, dass Aufnahmen ohne Erlaubnis nicht gestattet seien, konnte das Team von Russia 24 nicht vom Filmen abhalten.
Der AfD-Politiker Robert Lambrou zeigte sich empört über die Abweisung und beschwerte sich vor laufender Kamera, dass er Wiesbadener Stadtverordneter sei, der Schlachthof ihm und seinen Begleitern folglich Zutritt gewähren müsse und dass dies (sinngemäß) ein Angriff auf die Demokratie sei. Dieses Zutrittsverbot werde „ein Nachspiel“ für den Schlachthof im Stadtparlament haben.
Die Initiative „Moment Mal! Aktion für eine offene Gesellschaft“ bewertet das Vorgehen Lambrous mit einem Team des russischen Staatsfernsehens aufzutreten, als einen gezielten Einschüchterungsversuch, um eine kritische Auseinandersetzung mit der AfD zu verhindern. Er setzt damit offensichtlich auf die diffuse Bedrohung, die eine unkontrollierbare Weiterverbreitung der Aufnahmen der Anwesenden über einen russischen Fernsehsender auslöst.
Dazu Claudia Sievers, Geschäftsführerin der mitveranstaltenden Martin-Niemöller-Stiftung und ehemalige Stadtverordnete: „Dass ein Stadtverordneter mit einem staatlichen russischen Fernsehteam im Schlepptau bei einer Veranstaltung aufkreuzt, das gab es noch nie in Wiesbaden. Geht es dem AfD-Landespolitiker wirklich um seine vermeintlichen Rechte als Stadtverordneter? Wohl kaum. Hier wird ein Stadtverordnetenmandat instrumentalisiert, um lokale zivilgesellschaftliche Akteure einzuschüchtern. Zusammen mit Mitarbeitern eines Senders, der schon in der kurzen Auseinandersetzung gezeigt hat, dass er mit Lügen und Täuschen arbeitet.“
Sascha Schmidt (Vorsitzender des DGB Wiesbaden Rheingau-Taunus) und Co-Moderator der Veranstaltung ergänzt: „Es handelt sich hier ganz offensichtlich um eine gezielte Provokation, um die AfD, die bereits in Teilen wegen des Verdachts auf Verfassungsfeindlichkeit von den Sicherheitsbehörden beobachtet wird, als Opfer der demokratischen Zivilgesellschaft zu inszenieren.“
Die Veranstaltung mit der Buchautorin von „Inside AfD“, Franziska Schreiber, bot den über 400 Besucher*innen einen vielschichtigen und differenzierten Einblick in Strategien und Selbstbilder der AfD, ihrer Funktionäre und ihrer Anhänger. Mitveranstalter waren der Schlachthof Wiesbaden sowie die Martin-Niemöller-Stiftung.
Die Veranstaltung wurde übrigens in Ton und Bild dokumentiert und wird in Kürze auf dem youtubekanal von Momentmal.org veröffentlicht. Gerne kann Herr Lambrou sich unser Video dort anschauen.
Nachtrag: Bei der von uns fälschlicherweise dem Filmteam zugeordneten vierten Person handelte es sich offensichtlich um einen Stadtverordneten der AfD. Da er sich uns aber weder vorgestellt hat noch seine Anwesenheit begründet hat oder zu erkennen gegeben hat, dass er die Veranstaltung besuchen wollte, haben wir ihn falsch zugeordnet.
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