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Kultur im Visier der Rechtsradikalen

Kultur im Visier der Rechtsradikalen

Die offene Gesellschaft wehrt sich

Dokumentation der Veranstaltung mit Kira Ayyadi vom 17. Oktober 2019, Foyer des Hessischen Staatstheaters, mit Martin Steinhagen

Immer unverfrorener attackieren AfD und die sogenannte „Neue Rechte“ Kunst- und Kultureinrichtungen, die ihr völkisch-nationales Weltbild nicht teilen. Man gibt sich als Opfer eines „elitären Linksliberalismus“ oder „Linksextremismus“ aus und fordert „Neutralität“ im Kulturbereich.

Pseudo-Neutralität statt Eintreten für Demokratie und Menschenwürde

Die „Entsiffung des Kulturbetriebs“ nennt es Marc Jongen, „Chefideologe“ der AfD und kulturpolitischer Sprecher der Fraktion. Kunst und Kultur sollen sich „Volk und Nation“ verschreiben und zu einer „positiven deutschen Identität“ beitragen. Ziel ist, die Meinungsbildung im öffentlichen Raum zu beherrschen, völkisch-nationalistische Positionen in der Öffentlichkeit zu normalisieren und tief in die Zivilgesellgesellschaft einzudringen. Diesen Kampf um die „kulturelle Hegemonie“ bezeichnet die „neue“ extreme Rechte als Metapolitik. Es geht ihr um nicht weniger als die Überwindung unseres politischen Systems.

Extrem rechter Kulturkampf – auch in Wiesbaden

Diese bundesweite gar nicht so neue extrem rechte Kampagne ist auch bei uns angekommen. Auch die Wiesbadener AfD versuchte im Mai 2019 im Rahmen der Verlängerung des „Betrauungsaktes“ seitens der Stadt mit an den Haaren herbeigezogenen Argumenten das Kulturzentrums Schlachthof in die Nähe von „Terrorismusunterstützung“ zu stellen. Und ein für seine Sympathien zur rechtsextremen Identitären Bewegung bekannter politischer Referent der Wiesbadener AfD forderte im Juni 2019 im Vorfeld von städtischen Finanzierungsentscheidungen die Martin-Niemöller-Stiftung zur Stellungnahme auf, wieso sie sich nicht politisch neutral verhalte und mit Moment Mal eine Initiative unterstütze, die sich gegen die Partizipationsmöglichkeiten der extremen „neuen Rechten“ im gesellschaftlichen Diskurs wende.

Gegen solche Bestrebungen gründete sich in Wiesbaden wie in vielen anderen Städten eine „Erklärung der Vielen“ (www.dievielen.de). Im Statement des Zusammenschlusses von Wiesbadener Einrichtungen von Kunst, Kultur, Bildung und Wissenschaft heißt es: „In Wiesbaden leben 291.000 Menschen aus über 160 Nationen und fast 50.000 haben einen Migrationshintergrund. Um die Diversität unserer Gesellschaft abzubilden und Begegnungen zu fördern, bieten wir Raum für Vielfalt und Diversität und wehren uns gegen Spaltung, Ausgrenzung und Abwertungen von Minderheiten, gegen Rassismus, Homo- und Transphobie, Frauenfeindlichkeit, Antisemitismus, Islamophobie und völkisch-nationalistisches Gedankengut.“

Grußwort von Bernd Fülle, Geschäftsführender Direktor des Hessischen Staatstheaters, sowie einleitende Worte von Georg Habs von der Initiative „Moment mal!“ zur Veranstaltung „Kultur im Visier der Rechtsradikalen“ vom 17.10.2019
Podiumsdiskussion im Rahmen der Veranstaltung „Kultur im Visier der Rechtsradikalen“ vom 17.10.2019
Interview mit Kira Ayyadi zum extrem rechten Kulturkampf

Kira Ayyadi, 1988 in Osnabrück geboren, studierte zunächst Politikwissenschaften in Halle an der Saale und im Anschluss Philosophie in München. Seit 2017 arbeitet sie in der Redaktion von Belltower.News, der online Plattform der Amadeu Antonio Stiftung. Dort schreibt sie über Rechtsextremismus, Rassismus, Antisemitismus und anderen Formen von gruppenbezogener Menschenfeindlichkeit sowie über Strategien in den unterschiedlichen rechten Szenen. Dazu beobachtet sie die Entwicklungen verschiedener extrem rechter und antisemitischer Strömungen, sowohl online wie offline.


Mehr zum Thema:

Kira Ayyadi bei Beltower.news
Kulturkampf von rechts – die Entsiffung des Kulturbetriebs
Sie wollen Konzerte verhindern, klagen gegen Theaterstücke, stören Inszenierungen und fordern Subventionskürzungen: AfD und „neue“ Rechte attackieren vermehrt deutsche Kunst- und Kultureinrichtungen, die ihr völkisch nationales Weltbild nicht teilen. Was sind ihre Strategien und was können wir dagegen unternehmen? 26.2.2019


Neue Handreichung für Kulturinstitutionen – „Wir befinden uns mitten in dem Kulturkampf von rechts“
Kultureinrichtungen in Deutschland werden immer stärker von Rechten bedrängt. Wie Theater damit umgehen sollten, erklärte Bianca Klose im Dlf. Haltung zeigen sei wichtig. Die Handreichun der Mobilen Beratung gegen Rechtsextremismus Berlin wurde im Deutschen Theater vorgestellt. Deutschlandfunk


Alles nur Theater? Zum Umgang mit dem Kulturkampf von rechts Handreichung für Kulturschaffende vom Verein für Demokratische Kultur in Berlin (VDK) e.V. und der Mobilen Beratung gegen Rechtsextremismus Berlin (MBR)


Kulturkampf von rechts – Ist die Freiheit der Kunst in Gefahr?
Mit Anzeigen gegen Kulturschaffende, mit zermürbenden Anfragen in den Parlamenten und mit Androhungen, die Mittel zu kürzen, macht die AfD Politik. Sie will eine Renationalisierung der Kultur, welche die „Deutsche Identität“ stärkt. Sollte die AfD einmal an die Macht kommen, dann könnte ein nationalistischer Umbau der Kultur anstehen, wie ihn zum Beispiel die rechtspopulistische PiS-Partei in Polen bereits wahr macht. 3Sat-Kulturdoku


Kulturpolitik: Druck von rechts
Eine Recherche von ARD und Süddeutscher Zeitung dokumentiert, wie Theater, Opernhäuser und Museen von der Neuen Rechten unter Druck gesetzt und bedroht werden. Eine Chronik. ARD und Süddeutsche Zeitung, 27.8.2019


Kulturkampf von rechts: AfD stört sich an allem, was ihr zu links oder zu international erscheint
(…) Seit die AfD Anfang des Jahres in den Hessischen Landtag eingezogen ist, demonstriert sie ähnlich wie in anderen Landtagen ihr gespanntes Verhältnis zu bestimmten Akteuren und Themen im Kultur- und Wissenschaftsbetrieb. Dazu gehört generell die Gender-Forschung, aber auch Institutionen wie das Kulturzentrum Mousonturm in Frankfurt oder die soziokulturellen Zentren in Hessen, die in der „Landesarbeitsgemeinschaft der Kulturinitiativen und soziokulturellen Zentren in Hessen“ (LAKS) zusammengeschlossen sind. Immer wieder werfen die rechten Abgeordneten die Frage auf, ob die Finanzierung solcher Initiativen mit öffentlichen Mitteln gerechtfertigt ist. Frankfurter Rundschau, 23.07.2019

In Bremen vom Verfassungsschutz beobachtet, in Wiesbaden Referent der AfD-Rathausfraktion
Die AfD-Rathausfraktion im Wiesbadener Rathaus hat einen neuen Mitarbeiter eingestellt, der im Januar 2018 zum stellvertretenden Landesvorsitzenden der Jungen Alternative (JA) Bremen gewählt wurde. Dies erfuhr sensor aus zuverlässiger Quelle. Die JA Bremen wird seit September vom Verfassungsschutz beobachtet, wegen „rechtsextremistischer Bestrebungen“. Stadtmagazin Sensor, 17.05. 2019


Nicht nur lustig: AfD unterstellt Schlachthof Terrorismus-Sympathien und stellt Zuschüsse in Frage
Auf den ersten Blick ist es einfach nur lustig, entsprechend hat der Schlachthof das Bild des Wiesbadener AfD-„Kultursprechers“ Dr. Klaus-Dieter Lork mit der Frage „Kulturstätte oder linkes Zentrum“ auch heute Abend auf seiner Facebookseite geteilt mit der launigen Bemerkung: „Zunächst dachten wir, der Postillon adelt uns durch seine Aufmerksamkeit. Aber nein, es ist die lokale AfD!“ und mit einem ironischen „Dank“ für den „tiefgründigen humoristischen Wert“. Binnen Minuten hagelte es Kommentare voller Spott für den AfD-Politiker und mit großem Support für den Schlachthof. Schaut man sich allerdings nicht nur das Bild, sondern auch die ausführliche „Erklärung“ und die Botschaften des AfD-Stadtveordneten an, der auch Mitglied des Kulturbeirats ist, dann ist die Sache nicht mehr wirklich witzig, sondern alarmierend. Stadtmagazin Sensor, 15.5.2019


Chef der AfD-Landttagsfraktion soll das Fernsehteam eines russischen Staatssenders im Schlepptau gehabt haben
Genau eine Woche nachdem einem AfD-Politiker der Zutritt zu einer Veranstaltung der jüdischen Gemeinde in Wiesbaden verweigert wurde, soll sich ein ähnlicher Vorfall am Kulturzentrum Schlachthof ereignet haben. Wie sowohl der AfD-Kreisverband als auch die Veranstalter übereinstimmend berichteten, sollen am Donnerstagabend den Wiesbadener Stadtverordneten Klaus-Dieter Lork und Robert Lambrou am Eingang zum Kulturzentrum Schlachthof abgewiesen worden sein. Dort fand zu diesem Zeitpunkt eine Veranstaltung der Initiative „Moment mal – für eine offene Gesellschaft“ mit der AfD-Aussteigerin Franziska Schreiber statt. Frankfurter Rundschau: 31.03.2019



Ausschlussklausel:
Dass menschenfeindliche Positionen als legitim diskutierbar erscheinen, ist Methode und Ziel von Neuer Rechten und AfD. Es geht ihnen um die Erweiterung der „Kampfzone“. Sie arbeiten mit Hetze und Häme gegen Minderheiten, sie verbreiten bedenkenlos Fake News um Stimmung zu machen und paktieren immer offener mit originären Rechtsextremisten. Solche Akteure sind für uns keine Diskussionspartner!
Deswegen: Die Veranstaltenden behalten sich vor, von ihrem Hausrecht Gebrauch zu machen, und Personen, die der rechtsextremen Szene zuzuordnen sind oder bereits in der Vergangenheit durch rassistische, nationalistische, antisemitische oder sonstige menschenverachtende Äußerungen in Erscheinung getreten sind, den Zutritt zur Veranstaltung zu verwehren oder von dieser auszuschließen. Dazu gehören insbesondere Personen, die Kontakte zur rechtsextremen „Identitären Bewegung“ pflegen.